Manche Leistungen besteuert der Fiskus mit 7 % Umsatzsteuer, manche mit 19 %. Der Normalfall sind 19 %, sog. Regelsteuersatz. Der ermäßigte Steuersatz von 7 % begünstigt die Lieferung „der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände“ (so § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes).
Brezeln begünstigt
Die Lieferung von Grundnahrungsmitteln ist aus sozialstaatlichen Gründen begünstigt. Brot und andere Backwaren sind im Katalog der „ermäßigten“ Gegenstände aufgeführt: in Anlage 2 zum Umsatzsteuergesetz unter Nummer 31. Dazu gehören auch „Wiesnbrezn“.
Lieferung oder sonstige Leistung?
Es kommt allerdings darauf an, wer die Brezeln verkauft. Der Bundesfinanzhof meint:
Verkauft ein Brezelverkäufer auf den Oktoberfest in Festzelten „Wiesnbrezn“ an die Gäste des personenverschiedenen Festzeltbetreibers, ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % für Lebensmittel anzuwenden.
Im Streitfall pachtete die Klägerin während des Oktoberfestes Verkaufsstände in mehreren Festzelten an. Die von ihr beschäftigten „Breznläufer“ gingen durch die Reihen des Festzelts und verkauften die Brezeln an die an Bierzelttischen sitzenden Gäste des Festzeltbetreibers. Das Finanzamt (FA) sah hierin umsatzsteuerrechtlich eine sog. sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliege. Es sei ein überwiegendes Dienstleistungselement gegeben, weil der Klägerin die von den Festzeltbetreibern bereitgestellte Infrastruktur, bestehend aus Zelt mit Biertischgarnituren und Musik, zuzurechnen sei. Das Finanzgericht bestätigte dies.
Demgegenüber hob der BFH das Urteil der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Danach führt der Verkauf der Brezeln umsatzsteuerrechtlich zu einer Lieferung der Backwaren, die ermäßigt zu besteuern ist. Die in den Festzelten aufgestellten Biertischgarnituren, bestehend aus Tischen und Bänken, dienten den eigenen Gastronomieumsätzen des Festzeltbetreibers. Damit handelte es sich um für die Klägerin fremde Verzehrvorrichtungen, an denen der Klägerin kein eigenes Mitbenutzungsrecht zugestanden habe. Sie habe keine Verfügungs oder Dispositionsmöglichkeit in dem Sinne erlangt, dass sie Besuchern Sitzplätze im Festzelt zuweisen konnte. Es sei nach der „Realität“ im Bierzelt auch nicht davon auszugehen, dass Personen, die ausschließlich Brezeln von der Klägerin erwarben, zur Nutzung der Biertischgarnituren berechtigt gewesen wären, ohne zusätzliche Leistungen des Festzeltbetreibers in Anspruch nehmen zu müssen.
Mit anderen Worten:
- Wenn der Festzeltbetreiber selbst Brezn verkauft, muss er 19 % Umsatzsteuer abführen.
- Wenn er das auf einen Subunternehmer ausgliedert, werden nur 7 % erhoben.
Ermäßigung für andere Grundnahrungsmittel
Damit hat der Bundesfinanzhof dem Kuriositätenkabinett rund um Restaurantumsätze ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Doch auch die Lieferung von Grundnahrungsmitteln völlig ohne zusätzliche Restaurant-Dienstleistungselemente ist steuerlich kaum nachvollziehbar.
- Krabben und Garnelen gehören zu den Grundnahrungsmitteln, sie belegt der Fiskus mit 7 %. Hummer und Langusten sind hingegen Luxusgüter, für sie werden 19 % erhoben.
- Für Kartoffeln gelten selbstverständlich 7 %, weil Grundnahrungsmittel. Luxus Süßkartoffeln: 19 %.
- Ein Beutel Rosmarin, ein Beutel Basilikum: jeweils 7 %, zwei Beutel gemischte Kräuter: jeweils 19 %.
- Trinkwasser aus der Leitung: 7 %, abgefüllt in Flaschen: 19 %.
Holzhackschnitzel
19 % oder 7 %?
Neben den Grundnahrungsmitteln gehören noch andere Gegenstände zum ermäßigt zu besteuernden Existenzgrundbedarf. Zum Beispiel soll ein Mensch nicht frieren müssen. Heizöl und Erdgas unterliegen zwar dem vollen Steuersatz (19 %), aber immerhin Brennholz für den heimischen Kamin wird ermäßigt besteuert. Allerdings nur „in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen, Reisigbündeln oder ähnlichen Formen“, nicht in Form von Holzhackschnitzeln. Holzhackschnitzel unterliegen 19 % Umsatzsteuer. Ausnahme: Wenn sie aus Holzabfällen gewonnen werden, sind sie wieder genauso „ermäßigt“ wie Rundlinge und Scheite.
Oder 5,5 %? Oder 10,7 %?
Umsatzsteuer sparen kann man, indem man Holzhackschnitzel direkt vom Forstwirt kauft. Wer im Rahmen eines land- und fortwirtschaftlichen Betriebs Holzhackschnitzel herstellt, braucht nur 5,5 % Umsatzsteuer zu berechnen. Jedenfalls dann, wenn die Holzhackschnitzel ein Hauptprodukt des Betriebs darstellen. Nebenprodukte (z. B. Sägerestholz von Bauholz oder Abfälle eines Sägewerkes in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb) unterliegen einem ganz anderen Steuersatz: 10,7 %. — Als Land- und Forstwirt können Sie nicht einschätzen, ob das Finanzamt das Holz als Hauptprodukt oder Nebenprodukt einschätzt? Halb so schlimm. Sie müssen zwar die Umsatzsteuer richtig auf der Rechnung ausweisen, aber das Finanzamt will sie überhaupt nicht haben, § 24 Abs. 1 UStG. Hier können Sie also selbst mit dem verkehrten Steuersatz nichts falsch machen.
BFH, Urteil vom 3. August 2017, V R 15/17