Betriebsvermögen oder Privatvermögen?

DAXUnternehmer müssen entscheiden, ob sie einen gemischt nutzbaren Gegenstand im Betriebsvermögen oder im Privatvermögen halten. Besonders praxisrelevant ist das bei Kraftfahrzeugen, mit denen Privatfahrten, Geschäftsreisen und der tägliche Weg zur Arbeit zurückgelegt werden.

Bei Wertpapieren und bei manchen Immobilien ist weniger offensichtlich, ob die tatsächliche Nutzung für einen unternehmerischen oder einen nicht-unternehmerischen Zweck erfolgt. Hier kommt es auch darauf an, welche Nutzungen möglich sind und beabsichtigt werden. Gerade dann, wenn Wertschwankungen zu erwarten sind, kann die Entscheidung für Betriebsvermögen oder für Privatvermögen große steuerliche Auswirkungen haben. Grundsatz ist: Wertänderungen im Betriebsvermögen werden steuerlich nahezu immer berücksichtigt, Wertänderungen im Privatvermögen nur unter bestimmten Umständen. Steuerlich günstig ist es also, Gegenstände mit Wertsteigerungspotential im Privatvermögen zu halten, Gegenstände mit Verlustrisiko im Betriebsvermögen.

Diese Rechtslage lädt zur Steuergestaltung ein. Um den Gestaltungsspielraum der Steuerpflichtigen nicht ausufern zu lassen, muss die Zuordnung zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen zeitnah dokumentiert werden, und erst recht ein Wechsel vom Betriebsvermögen ins Privatvermögen („Entnahme“) oder umgekehrt („Einlage“). Einen Gegenstand nachträglich (rückwirkend) zuzuordnen, um Verluste steuerlich geltend zu machen oder Gewinne der Besteuerung zu entziehen, wird nicht anerkannt.

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 29. September 2016 konturiert, wie klar und eindeutig die Dokumentation sein muss. Zu entscheiden hatte er in einem Fall, in dem der Steuerpflichtige Wertpapiere aus seinem Betriebsvermögen ins Privatvermögen entnommen haben wollte. Über die bisher anerkannten Anforderungen hinaus verlangt der Bundesfinanzhof, dass der Steuerpflichtige „die naheliegenden steuerlichen Folgerungen aus der Entnahme“ zieht – und zwar vollständig. Im entschiedenen Fall genügte es nicht, dass der Steuerpflichtige dem Finanzamt mitgeteilt hat, dass er die Dividenden aus den Wertpapieren künftig als Einkünfte aus Kapitalvermögen (Privatvermögen) versteuere. Zusätzlich hätte er auch in seinem Betriebsvermögen die Entnahme richtig buchen müssen.

BFH, Urteil vom 29. September 2016, Aktenzeichen III R 42/13 mit Anmerkung Kleinmanns, BB 2017, 1266

Vorzeitige Anforderung einer Steuererklärung ohne Begründung

Wenn man eine Steuererklärung verspätet abgibt, kann das Finanzamt einen Verspätungszuschlag festsetzen. Aber was ist „verspätet“? Dazu hat der Bundesfinanzhof sich geäußert.
Steuerbescheid

Grundregel: 31. Mai / 31. Dezember des Folgejahres

Der Gesetzgeber sieht vor, dass die Einkommensteuererklärung und andere jährlich wiederkehrende Steuererklärungen bis zum 31. Mai des Folgejahres abgegeben werden müssen. Für Steuerpflichtige, die sich durch einen Steuerberater vertreten lassen, wird diese Frist bis zum 31. Dezember verlängert. Das ergibt Sinn, denn sonst würde der Steuerberater bis März oder April auf die Unterlagen von Kreditinstituten und Krankenkassen warten, im Mai alle Steuererklärungen gleichzeitig anfertigen und hätte von Juni bis Dezember nichts zu tun.

Vorzeitige Anforderung

Gelegentlich kommt Post vom Finanzamt: Im „Interesse einer ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens“ oder zur „gleichmäßigen Auslastung“ der Finanzbeamten wird die Steuererklärung vorzeitig angefordert. Nicht zum 31. Dezember, sondern typischerweise schon im Juli, August oder September. Dabei handelt es sich um eine vorzeitige Anforderung, die im Ermessen des Finanzamtes steht. Ermessen bedeutet: Das Finanzamt hat einen Entscheidungsspielraum, muss aber „ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens“ einhalten (§ 5 der Abgabenordnung).

Ein Textbaustein ist keine Begründung

Ob das Finanzamt sich an diesen Rahmen hält, kann nur beurteilt werden, wenn es eine Begründung für die vorzeitige Anforderung gibt. Der Bundesfinanzhof hat festgestellt, dass jedenfalls der Textbaustein „Interesse einer ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens“ keine brauchbare Begründung ist. Das Finanzamt darf in diesem Fall keinen Verspätungszuschlag festsetzen, wenn man den Termin im Juli, August oder September ignoriert. Wichtig ist nur, dass die Steuererklärung rechtzeitig vor dem 31. Dezember eingeht.

Neue Rechtslage ab 2018

Für die Steuererklärungen ab 2018 hat der Gesetzgeber die Rechtslage geändert. Er gewährt grundsätzlich zwei Monate mehr Zeit für die Steuererklärungen. Die Steuererklärungen für 2018 brauchen erst zum 31. Juli 2019 bzw. 2. März 2020 (der 29. Februar 2020 ist ein Samstag) eingereicht zu werden, im Gegenzug werden die Finanzämter häufiger als bisher Verspätungszuschläge festsetzen dürfen.

BFH, Urteil vom 17. Januar 2017, Aktenzeichen VIII R 52/14

Wer sich aufs Finanzamt verlässt …

… kann böse überrascht werden. So etwa ein Kioskbesitzer, für den wir vor dem Finanzgericht tätig geworden sind. Vor vielen, vielen Jahren (bei der Deutschen Bundespost und ihrem Nachfolgeunternehmen) waren Telefonate ins Ausland noch richtig teuer. Eines der ersten Modelle, Wettbewerb auf diesem Markt zu schaffen, war das sog. „Call-Through“-Verfahren. Der Kunde rief eine Telefonnummer eines ausländischen Telekommunikationsunternehmens in Frankfurt an, gab einen Code ein und wurde daraufhin mit dem Gesprächspartner im Ausland verbunden. Unser Kioskbesitzer hatte vor vielen Jahren begonnen, Telefonkarten mit solchen Codes zu verkaufen, und seine Provision aus diesen Verkäufen der Umsatzsteuer unterworfen. Das Finanzamt erklärte 2002 im Rahmen einer Betriebsprüfung, das sei doch gar nicht nötig, wenn überhaupt, sei Umsatzsteuer im Ausland abzuführen. Der Kioskbesitzer freute sich und stellte seine Buchhaltung und seine Kalkulation entsprechend um.

Im Jahr 2013 fand eine weitere Betriebsprüfung statt, diesmal mit gegenteiligem Ergebnis. Das Finanzamt forderte Umsatzsteuer, und der Kioskbesitzer, diesmal weniger erfreut, stellte seine Buchhaltung und seine Kalkulation für die Zukunft erneut um. Das genügte dem Finanzamt aber nicht, es wollte auch für die Vergangenheit Steuern nachgezahlt haben.

Wir haben den Fall geprüft und festgestellt: Die Umsätze sind durchaus steuerpflichtig in Deutschland. Das war nicht ganz eindeutig, aber im Ergebnis hat das Finanzamt 2002 einen Fehler gemacht, den es 2013 korrigieren wollte. Wir meinen, dass sich ein Unternehmer auf eine Auskunft vom Finanzamt verlassen darf – und das Finanzamt sollte solch eine Auskunft nur für die Zukunft widerrufen dürfen, wenn es einen Irrtum erkennt. Dafür haben wir eine Klage beim Finanzgericht erhoben.

Viel Hoffnung machen können wir unserem Mandanten leider nicht. Nach gesetzlichen Regelungen ist eine Zusage im Rahmen der Betriebsprüfung nur dann verbindlich, wenn sie genau geregelte Formvorschriften einhält (§§ 204 ff. der Abgabenordnung). Dass das Finanzamt etwas klar und eindeutig schriftlich niederlegt, reicht dem Bundesfinanzhof üblicherweise nicht aus.