Vorzeitige Anforderung einer Steuererklärung ohne Begründung

Wenn man eine Steuererklärung verspätet abgibt, kann das Finanzamt einen Verspätungszuschlag festsetzen. Aber was ist „verspätet“? Dazu hat der Bundesfinanzhof sich geäußert.
Steuerbescheid

Grundregel: 31. Mai / 31. Dezember des Folgejahres

Der Gesetzgeber sieht vor, dass die Einkommensteuererklärung und andere jährlich wiederkehrende Steuererklärungen bis zum 31. Mai des Folgejahres abgegeben werden müssen. Für Steuerpflichtige, die sich durch einen Steuerberater vertreten lassen, wird diese Frist bis zum 31. Dezember verlängert. Das ergibt Sinn, denn sonst würde der Steuerberater bis März oder April auf die Unterlagen von Kreditinstituten und Krankenkassen warten, im Mai alle Steuererklärungen gleichzeitig anfertigen und hätte von Juni bis Dezember nichts zu tun.

Vorzeitige Anforderung

Gelegentlich kommt Post vom Finanzamt: Im „Interesse einer ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens“ oder zur „gleichmäßigen Auslastung“ der Finanzbeamten wird die Steuererklärung vorzeitig angefordert. Nicht zum 31. Dezember, sondern typischerweise schon im Juli, August oder September. Dabei handelt es sich um eine vorzeitige Anforderung, die im Ermessen des Finanzamtes steht. Ermessen bedeutet: Das Finanzamt hat einen Entscheidungsspielraum, muss aber „ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens“ einhalten (§ 5 der Abgabenordnung).

Ein Textbaustein ist keine Begründung

Ob das Finanzamt sich an diesen Rahmen hält, kann nur beurteilt werden, wenn es eine Begründung für die vorzeitige Anforderung gibt. Der Bundesfinanzhof hat festgestellt, dass jedenfalls der Textbaustein „Interesse einer ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens“ keine brauchbare Begründung ist. Das Finanzamt darf in diesem Fall keinen Verspätungszuschlag festsetzen, wenn man den Termin im Juli, August oder September ignoriert. Wichtig ist nur, dass die Steuererklärung rechtzeitig vor dem 31. Dezember eingeht.

Neue Rechtslage ab 2018

Für die Steuererklärungen ab 2018 hat der Gesetzgeber die Rechtslage geändert. Er gewährt grundsätzlich zwei Monate mehr Zeit für die Steuererklärungen. Die Steuererklärungen für 2018 brauchen erst zum 31. Juli 2019 bzw. 2. März 2020 (der 29. Februar 2020 ist ein Samstag) eingereicht zu werden, im Gegenzug werden die Finanzämter häufiger als bisher Verspätungszuschläge festsetzen dürfen.

BFH, Urteil vom 17. Januar 2017, Aktenzeichen VIII R 52/14

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