Sie sind Unternehmer, beliefern erstmals einen Kunden im Ausland und fragen sich, welcher Inhalt in die Rechnung gehört?
Lieferungen an Unternehmer (B2B)
Die grenzüberschreitende Lieferung an einen Unternehmer ist als innergemeinschaftliche Lieferung (innerhalb der EU) bzw. Ausfuhrlieferung (außerhalb der EU) umsatzsteuerfrei, wenn die Buch- und Belegnachweise für die Lieferung erbracht werden.
Die Rechnung wird dann ohne Umsatzsteuer ausgestellt, mit dem Vermerk „steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung“ („tax-free intra-community supply“, „livraison intracommunautaire exonérée TVA“) bzw. „steuerfreie Ausfuhrlieferung“.
Buch- und Belegnachweise
Die Finanzverwaltung verlangt einen Buch- und Belegnachweis, um sicherzustellen, dass die Lieferung tatsächlich im Ausland ankommt und dort steuerlich erfasst wird. Wesentliche Bedeutung für den Buch- und Belegnachweis haben
- bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
- die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers,
- der Beleg darüber, dass die Lieferung tatsächlich beim ausländischen Abnehmer angekommen ist, sog. Gelangensbestätigung,
- bei Ausfuhrlieferungen
- der Ausfuhrnachweis.
Die Gelangensbestätigung ist ein Dokument, auf dem der Abnehmer bestätigt, dass die Ware tatsächlich bei ihm angekommen ist. Alternativ genügt im Normalfall auch ein Frachtbrief, eine Spediteursbescheinigung oder ein Tracking-and-Tracing-Protokoll des Postdienstleisters, wenn die Ware von Ihnen als Lieferant verschickt wird. Zusätzlich sollten Sie bei der Aufnahme einer Geschäftsbeziehung mit einem Abnehmer im EU-Ausland stets prüfen, ob dieser ausländische Abnehmer tatsächlich existiert oder ob es sich nur um eine Figur handelt, die zum Zweck des Umsatzsteuerbetrugs aufgebaut wurde. Dazu dient das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (VIES) der Europäischen Union, das Auskunft darüber erteilt, ob die Umsatzsteuer-ID wirklich dem Unternehmer zugeteilt wurde, der sie verwendet.
Bei der Lieferung ins Drittland (außerhalb der EU) sind die Nachweispflichten für den Belegnachweis zwar bürokratischer, dafür aber weniger fehleranfällig: Hier genügt der Ausfuhrnachweis, ohne dass es der Finanzverwaltung darauf ankäme, ob der Abnehmer die Ware im Bestimmungsland ordnungsgemäß steuerlich erfasst.
Steuererklärungspflichten
Wer steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen erbringt, braucht zwar keine Umsatzsteuer abzuführen, muss die Umsätze aber trotzdem an das Finanzamt melden. Die Summe der Umsätze ist dem Finanzamt in der Umsatzsteuer-Voranmeldung mitzuteilen. Zusätzlich ist dieser Betrag auf die einzelnen Lieferungen aufzuschlüsseln und unter Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des jeweiligen Abnehmers an das Bundeszentralamt für Steuern zu melden, sog. Zusammenfassende Meldung. Das Bundeszentralamt für Steuern gleicht diese Meldungen mit den entsprechenden Meldungen der Abnehmer ab und prüft so, ob die Abnehmer ihren steuerlichen Pflichten nachkommen.
Pflichten des Abnehmers
Die Abnehmer müssen dementsprechend die Geschäfte als sog. innergemeinschaftliche Erwerbe in ihre Umsatzsteuer-Voranmeldung aufnehmen. Wer als Abnehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, zahlt auf diese Weise die Umsatzsteuer auf die Ware.
Keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer?
Wenn der Abnehmer Ihnen keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitteilen kann, liegt es nahe, dass er umsatzsteuerlich nicht voll und ganz als Unternehmer gilt, sondern beispielsweise Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG oder einer vergleichbaren ausländischen Norm ist. Dann darf er für Zwecke Ihrer Lieferung nicht als Unternehmer behandelt werden, sondern muss behandelt werden wie ein Verbraucher.
Lieferungen an Verbraucher (B2C)
Die grenzüberschreitende Lieferung an einen Verbraucher ist umsatzsteuerpflichtig.
Oberhalb der Lieferschwelle
Innerhalb der Europäischen Union darf der Staat, in dem der Abnehmer ansässig ist, die Umsatzsteuer erheben. Sie als Unternehmer müssen sich dazu in dem Bestimmungs-Mitgliedstaat steuerlich anmelden und die dorthin adressierten Lieferungen an Verbraucher der ausländischen Umsatzsteuer unterwerfen. Deutsche Umsatzsteuer fällt dann nicht mehr an.
Die Rechnung wird mit Umsatzsteuer des Bestimmungs-Mitgliedstaates ausgestellt.
Unterhalb der Lieferschwelle
In Fällen mit geringer Bedeutung brauchen Sie den Aufwand für die steuerliche Anmeldung im Ausland nicht auf sich zu nehmen. Ob es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt, hängt von der Summe Ihrer Umsätze in dem jeweiligen Staat ab. Sobald die Lieferungen an Verbraucher die maßgebliche Lieferschwelle überschreiten, sind Sie mindestens für den Rest des Jahres und für das ganze Folgejahr verpflichtet, die steuerlichen Pflichten im Ausland zu erfüllen. Bleiben Sie jedes Jahr unterhalb der maßgeblichen Lieferschwelle, dürfen Sie die Lieferungen in Deutschland melden und versteuern.
Die Rechnung wird mit deutscher Umsatzsteuer ausgestellt.
Die maßgebliche Lieferschwelle muss für jedes Land separat geprüft werden, sie beläuft sich bei den meisten EU-Mitgliedstaaten auf 35.000 Euro, vereinzelt aber auch weniger oder mehr, bis zu 100.000 Euro für Lieferungen nach Luxemburg und in die Niederlande (vgl. Tabelle der EU-Kommission).
Dienstleistungen an Geschäftspartner im Ausland
Dienstleistungen an Geschäftspartner im Ausland unterliegen anderen Regelungen als Lieferungen. Das werden wir im zweiten Teil dieses Beitrags darstellen.